Meine Erfahrungen mit der dynamischen Integration
Primäre Motivation: Schmerzen im Lendenwirbel- und Ilio-Sakral-Bereich, Muskelverspannung und schmerzhafte Beeinträchtigung des Bewegungsapparates
Resultat nach einigen Monaten:
Es begann mit dem makabren Knochenmann, der neben der Liege platziert war und mich angrinste. Ich wollte von meiner Dynintegra-Lehrerin wissen, wo denn das Iliosakral-Gelenk, das nach ärztlicher Auskunft etwas verschlissen (=arthrotisch) ist und deshalb weh tut, genau sitzt und wie es funktioniert. Auch die arthrotischen Lendenwirbel (drei und vier) ließ ich mir zeigen. Beide Hüften waren schon ersetzt und schmerzten als solche nicht mehr. Danach interessierte mich der Knochenmann nicht weiter. Ich streckte mich auf der bequemen, obwohl harten Liege aus und harrte gespannt auf das, was da kommen würde. Ich sollte (und durfte) ja selbst überhaupt nichts tun. Ich wurde bewegt, d.h. einzelne Körperteile, vor allem Gliedmaßen, wurden bewegt. Da das Lernprogramm offenbar bewusst einseitig vorging, d.h. die Lehrerin beschäftigte sich zunächst ausschließlich mit einer Körperhälfte, konnte ich schon bei der ersten Sitzung beträchtliche Unterschiede zwischen meinen beiden Köperhälften spüren: Sie lagen eindeutig anders auf der Unterlage; die Hälfte, mit der gearbeitet worden war, fühlte sich länger, d.h. ausgedehnter, raumgreifender und voller an, und ich empfand es als angenehm, mein Blut zu spüren, wie es die Körperpartien durchwärmte. Die andere Körperhälfte war, als wenn sie gar nicht zu mir gehörte – seltsam, sehr seltsam. Als dann meine Lehrerin einen Fuß ganz leicht anstieß, da vollführte der doch tatsächlich ganz von allein eine kleine Pendelbewegung. Der andere (der zum Vergleich auch angestoßen wurde) reagierte überhaupt nicht – seltsam, sehr seltsam.
In den folgenden Sitzungen ging es in kleinen, sehr behutsamen Schritten weiter, und ich kam manchmal aus dem Staunen gar nicht heraus. Da passierte es mir z.B., dass die beiden Körperhälften, die immer abwechselnd Impulse bekamen, spürbar aufeinander reagierten, d.h. auch bei denen, die scheinbar nicht beachtet wurden, änderte sich etwas. Die Veränderungen waren sowohl positiver wie negativer Natur: manchmal wurde etwas beweglicher, oder aber auch steifer als vorher.
Mein Interesse am Knochenmann nahm nun wieder zu und ich konnte ihn, den ‚Knochi‘, nun auch zunehmend in mir wahrnehmen: Den großen, starken Hüftgürtelknochen, ja und auch den ebenso wichtigen Schultergürtelknochen (der bei mir nie eine Rolle gespielt hatte). Beide waren so an der Wirbelsäule befestigt, dass der eine nicht ohne den anderen konnte, und an ihnen hingen die Arme und die Beine, natürlich noch nicht so locker wie beim Knochenmann nebenan, der seine Glieder so lustvoll schlenkern lassen konnte. Es kam mir nun gar nicht mehr makaber vor, eher nachahmenswert.
Lange Zeit lernte ich die neuen Abläufe nur im Liegen. So konnte ich dann bald auch aktiv das Zusammenspiel von Schulter, Ellbogen, Hüfte, Knie, Fuß und Kopf einleiten: wie bei einem Hampelmann zog ich an einer Stelle und die anderen Körperteile folgten diesem Impuls ganz von selbst mit ihren jeweils eigenen Bewegungen – eine tolle Erfahrung. Mein ‚Knochi‘ erwies sich als integrierende Einheit, wie aus einem Guss, aber flexibel, eben dynamisch.
Nun hieß es, vom Liegen zum Sitzen zu kommen, der erste Schritt zur aufrechten Haltung, die ja nur dem Menschen unter den Geschöpfen zur zweiten Natur geworden ist. Ich lernte, bewusst auf meinen Sitzhöckern zu sitzen, nicht davor und nicht dahinter, sondern buchstäblich drauf. Dass sie nicht umsonst so heißen, war für mich tatsächlich neu. Zuerst kam es mir wie ein Balanceakt auf den Kufen vor; mir fehlte jegliches Vertrauen in diese knochigen Höcker, die auch schnell schmerzten. Aber mit der Zeit spürte ich, dass sie mich, wenn ich sie mit einer bestimmten Kippbewegung der Hüftknochen koordinierte, zuverlässig trugen, mir das aufrechte Sitzen leicht machten und den anfänglichen Schmerz im Rücken zum Verschwinden brachten.
Dann kam der langwierige Schritt zum aufrechten Gang. Zuerst musste ich lernen, dass es primär die Fußsohlen waren, die mich trugen, wenn ich sie bewusst auf dem Boden unter mir aufsetzte. Aber die Füße allein reichten nicht. Der ‚Knochi‘ mit allem, was daran hing, musste in die Senkrechte gebracht werden, und zwar so, dass er wie von allein auf der Erde stand, ohne umzukippen. Da half mir die Vorstellung der Schwerkraft. Ich konnte wahrnehmen, dass der ‚Knochi‘ nur dann mühelos und schmerzfrei auf seinen Beinen und Füßen stand, wenn er sich der Anziehungskraft der Erde überließ und seine Teile so positionierte, dass sie ein Gleichgewicht herstellten, das ein Schwanken und Umfallen verhinderte. Nur dann war auch der übrige Stützapparat, also alle Muskeln, Sehnen und auch die alles durchziehenden Nerven zufrieden und zwickten nicht, weil sie ihre Aufgaben mit angenehmer Leichtigkeit ausführen konnten. Vom schmerzfreien Stehen zum schmerzfreien Gehen war der Lernschritt dann nicht mehr ganz so groß.
Freilich ist der hier beschriebene Lernprozess noch lange nicht abgeschlossen. Die neuen neuronalen Muster im Gehirn sind zwar schon installiert, aber bei weitem noch nicht genug gefestigt. Immer wieder droht ein Rückfall in die alten, über viele Jahrzehnte eingeübten Muster. Der sich dann prompt einstellende Schmerz ist ein zuverlässiger Indikator, dass Körper und Geist mal wieder nicht dynamisch integriert sind.
Schon seit einiger Zeit wollte ich dir schreiben. Ich habe mir die Zeit genommen, unsere Begegnung vollständig zu integrieren. Ich hatte so viel Freude daran, deine Arbeit zu entdecken, von der Therapiesitzung zu profitieren und bin mit einem Herz voller Freude nach Hause gegangen. Ich habe es sehr genossen zu spüren, wie fein mein Körper auf deine manchmal sehr subtilen Impulse reagiert hat. Ich finde es immer wieder faszinierend zu fühlen, dass selbst bei wenig Bewegung die Auswirkungen auf die Körperwahrnehmung sehr groß sein können. Es ist auch so schön zu wiedererleben, wie alles mit Leichtigkeit verbunden sein kann!
Diese Faszination begleitet mich schon seit einiger Zeit und ich habe bereits eine Vielzahl von Methoden und Therapien ausprobieren können. Jede davon ist einzigartig, aber deine hat mich besonders angesprochen. Das liegt sicherlich auch an der Energie, die du mir vermittelt hast. Also nochmals: MERCI!
Amelie ,33 Jahre